Category Archives: Transition notebook
Eine etwas andere Verschwörung…
Zuallererst mein „Danke“ an all jene, die auf meine Aussendung der letzten Woche mit Kommentaren und Anregungen (auch kritischen) geantwortet haben.
Sepp Kusstatscher hat mir seine Überlegungen zu Covid-19 zugeschickt. Unter dem Titel „Strenggläubige und Häretiker“ beschreibt Sepp das Spannungsverhältnis in der Gesellschaft als einen Glaubenskrieg, in dem die Meinungsvielfalt unter die Räder kommt, Zweifler und Fragende pauschal als Häretiker verurteilt werden und es daher kaum Wege zu einer Versachlichung in der öffentlichen Diskussion gibt. Hier der Link zu dem sehr lesenswerten Beitrag. (Link)
Anlässlich meines „50zigsten“ in Politik und Gesellschaft hatte ich mehrere Gespräche mit Journalisten. Wohltuend war für mich das Gespräch mit Judith Bertagnolli von Rai-Südtirol; es gab mir die Gelegenheit, in meiner Vergangenheit zu stöbern und den Faden zur gegenwärtigen Situation herzustellen http://www.raibz.rai.it/de/index.php?media=Pra1619609400
Andere Journalisten setzten hingegen die Akzente mehr auf die Fragen: „Sind Sie Corona-Leugner? Bzw. Anhänger der Verschwörungs-Theorie?“.
Was ich davon halte, möchte ich bei der nächsten Gelegenheit vertiefen, jedoch gab und gibt es eine andere Art von Verschwörung, die mir in meinem gesellschaftlichen Engagement immer wichtig war: „Die sanfte Verschwörung“. Mit diesem Titel erschien vor rund 40 Jahren das Buch von Marilyn Ferguson zum Thema der persönlichen und gesellschaftlichen Transformation. Darin das folgende Zitat des britischen Autors Edward Morgan Forster:
Ich glaube an die Aristokratie—nicht eine Aristokratie, die durch Rang und Einfluss Macht ausübt, sondern eine Aristokratie der Umsichtigen und Mutigen. Ihre Mitglieder finden wir in sämtlichen Nationen, Gesellschaftsschichten und zu allen Zeiten; und wenn sie sich begegnen, herrscht zwischen ihnen eine geheimnisvolle Übereinstimmung. Sie repräsentieren die wahre menschliche Kultur, den einzigen dauerhaften Sieg unserer sonderbaren Rasse über Grausamkeit und Chaos. Tausende von ihnen gehen im Ungewissen unter, einige wenige sind große Namen. Sie sind sowohl gegenüber sich selbst als auch gegenüber anderen sensibel, sie sind rücksichtsvoll, ohne viel Aufhebens darum zu machen. Ihr Mut zeichnet sich nicht durch Protzerei aus, sondern ihre Stärke liegt im Ertragen.
Gerade in diesen spannungsgeladenen Zeiten ist eine solche Art von „Verschwörung“ notwendiger denn je.
Mit herzlichen Grüßen
Arno
25. April – 2. Juni. Aufruf zum Dialog – auch wenn der „Krieg“ noch nicht zu Ende scheint…
„Zweifle nicht an dem der dir sagt er hat Angst aber hab Angst vor dem der dir sagt er kennt keinen Zweifel“
Erich Fried (1974)
Aufruf zum Dialog – auch wenn der „Krieg“ noch nicht zu Ende scheint…
Vor ziemlich genau 50 Jahren habe ich mich als Jugendlicher aktiv ins politische Leben eingebracht. Mit einigen Freunden hatte ich im Frühjahr 1971 die Jugendgruppe (JUSOS) in der Sozialen Fortschrittspartei (SFP) gegründet.
Als Aktivist einer kleinen Oppositionspartei habe ich schmerzhaft erfahren müssen, was es heißt, mundtot gemacht zu werden, Diskriminierung, Häme, psychische und manchmal auch physische Gewalt zu erleben.
Diese Gewalt hatte ich schon als Kind erfahren, weil mein Vater als erster Deutscher einer alternativen Partei zum Bürgermeister einer Kleingemeinde gewählt worden war.
In den Folgejahren hat sich einiges im Lande verändert; Andersdenkende hatten mehr Raum zur freien Meinungsäußerung, Gesinnungskriege über das, was als „Gut/Böse“ zu gelten hatte, wurden zwar immer noch geführt, aber meist im Rahmen politischer Korrektheit.
Geblieben ist in mir eine besondere Sensibilität allen Formen von Intoleranz, Diskriminierung und Repression gegenüber.
Mag sein, dass ich deshalb all das, was um Corona herum in der Gesellschaft abläuft, als erschreckend empfinde.
Tod und Krankheit haben das gesellschaftliche Klima vergiftet. Ich denke dabei nicht nur an die dramatischen Bilder aus den Intensivstationen der Krankenhäuser. Genauso tief gehen die Bilder der „lebenden Toten“: Menschen, die in Folge der Präventivmaßnahmen psychisch, emotional, wirtschaftlich zu Grunde gehen.
Die Menschen haben Angst, und diese Angst ist Nährboden für eine totalitäre Entwicklung in der Gesellschaft.
Die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus haben sich zu einem System geformt, den ich der Einfachheit halber als Coronismus bezeichne; ein Wort, von dem ich hoffe, dass es in wenigen Jahren Geschichte ist.
Wie hat dieser Coronismus das gesellschaftliche Leben verändert?
Nicht nur politische Szenarien haben sich verändert: rechts, links, Mitte… haben als politische Begriffe ihre historisch gewachsene Unterschiedlichkeit verwässert.
Die extreme Polarisierung in der Gesellschaft hängt nicht mit den gewohnten politischen Konflikten zusammen, sondern im Wesentlichen mit unterschiedlichen Vorstellungen vom Wesen des Menschen, seinen Freiheiten, seinen Rechten und Pflichten in der Gesellschaft.
Es macht einen Unterschied, ob man den Menschen als souveränes, selbstbestimmtes Individuum sieht, oder als Mitglied einer Herde, das – wenn nötig auch mit Gewalt – den Regeln dieser Herde angepasst werden muss. In einem solchen Weltbild haben Meinungsvielfalt, freie Meinungsäußerung, Kritik und alternative Vorschläge zum dominanten Mainstream kaum Spielraum. Daraus ergeben sich Maßnahmen, die weit über eine Verhältnismäßigkeit hinausgehen (Drohneneinsatz und Videoüberwachung zur Kontrolle der Menschen, Aufruf zur Denunziation…)
Ein Kennzeichen des Coronismus ist auch, dass nur ein einziges Bild von dem was „vernünftig“ ist, zugelassen wird. Wissenschaftler, Ärzte, Richter, die eine divergierende Meinung zum Mainstream zum Ausdruck bringen, werden diffamiert, totgeschwiegen oder gar mit Berufsverbot belegt.
„Im Krieg sind alle Mittel recht“ (?!?) Gemäß diesem Motto wird mit vielen unsauberen Mittel gespielt; gleichzeitig wird auch ein offenes Hinterfragen unterbunden, über mögliche Ursachen dieses Krieges und der wirtschaftlichen Interessenskonflikte, die sich dahinter verbergen.
Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren. (Benjamin Franklin)
Die einzige Möglichkeit diesen Krieg zu beenden, sehe ich im Dialog. In einem gemeinsamen Fragen und Nachdenken, ohne Scheuklappen und ohne Voreingenommenheit.
Daher auch mein Aufruf, die beiden symbolträchtigen Feiertage am 25. April und 2. Juni zum Anlass zu nehmen, über Freiheit und Grundrechte nachzudenken.
Der „Tag der Befreiung“ bezieht sich nicht nur auf die Befreiung der norditalienischen Städte von den Nazis, sondern ganz allgemein auf die Freiheit von totalitären Systemen. Der „Tag der Republik“ erinnert an den Weg zu einer neuen Verfassung, in der die Grundrechte der Bürger festgelegt werden. Grundrechte, die einerseits den Staat verpflichten, die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten, andrerseits aber auch den Bürger vor staatlicher Willkür schützen sollen.
Nehmen wir diese Tage, ausgehend von den schmerzhaften Erfahrungen des letzten Jahres, als Anlass zu einem tieferen Nachdenken über das was uns als freie Menschen und nicht als Mitglieder einer Herde auszeichnen sollte.
Nicht im Sinne einer „Abrechnung“ über das was im letzten Jahr als recht/unrecht – gut/böse empfunden worden ist, sondern als Suche nach Wegen, unsere Gesellschaft menschenwürdiger und freier zu gestalten.
Oldies & News – Blicke zurück nach vorne
Seit 12 Jahren verschicke ich an rund vierhundert Personen aus meinem Bekanntenkreis mehr oder weniger regelmäßig einen Newsletter. An Menschen aus der Politik, den Medien, der öffentlichen Verwaltung und an ökosozial engagierte Vereinigungen und Personen. Meine Absicht dabei war die Einladung zum gemeinsamen Nachdenken, zum Dialog über „die Zeiten, die kommen“, zu neuen Wegen in Richtung Nachhaltigkeit und Gutes Leben.
In den letzten Jahren lag dabei der Fokus auf Nahrung und Ernährungssouveränität, in Verbindung mit der landesweiten Kampagne „MAHL-ZEIT!“, die viele Unterstützer gefunden hat. Nun gibt es zu diesem Projekt eine eigene Homepage und einen Verteiler, über den Kommunikation und Vernetzung laufen.
Beim Aufräumen meines nun schon fast 50 Jahre alten „politischen Schreibtisches“, auf dem ungeordnet Fragmente aus verschiedenen Epochen herumliegen, habe ich Einiges gefunden, was wert sein mag, neu betrachtet, aktualisiert und weitergeführt zu werden.
Warum diese Reise in die Vergangenheit? Sie hat nichts mit Nostalgie zu tun, obwohl sich sicherlich eine Menge an Erinnerungen und Bildern entrollen, die mit den einzelnen Texten und Veranstaltungen verbunden sind. Wesentlich jedoch scheint mir folgende Überlegung: Es hat seit den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts auch in Südtirol viele Veränderungen gegeben. Das Land ist offener geworden und bietet größere Räume für Dialog und Meinungsvielfalt. Der genius loci, der Ortsgeist oder – anders ausgedrückt – die kulturelle und ökologische Qualität - hat sich dem angepasst und zwingt nun Andersdenkende nicht mehr zur Flucht. Alte und starre ideologische Mauern sind abgebröckelt und schaffen so den Boden für ein gemeinsames ent-ideologisiertes Nachdenken zur Gestaltung einer lebenswerten und zukunftsfähigen Entwicklung.
Vieles von dem, was in den vergangenen Jahrzehnten zum „Guten Leben“ vorgeschlagen und angedacht worden ist – etwa in den vielen Aktionen des Vereins Ecolnet – war den Zeiten voraus und könnte nun in einem kulturell offeneren Umfeld aufgegriffen und weiter vertieft werden.
Dies also ist die Absicht dieser Oldies in den Blicken zurück nach vorne.